Die meisten Orte, die ich in dieser Artikelserie vorstelle, kenne ich schon seit längerer Zeit und habe sie in der Regel auch schon mehrmals besucht (Ausnahmen wie zum Beispiel Marken in Holland bestätigen die Regel 🙂 …). Beim San Bernardino aber handelt es sich um die sprichwörtliche Liebe auf den ersten Blick. Im Rahmen meiner Spätsommer-Reise Ende August (siehe dazu auch den Artikel über Yvoire) erfüllte ich mir einen langgehegten Wunsch. Da ich endlich einmal genügend Zeit zur Verfügung hatte, plante ich eine Übernachtung im Dorf San Bernardino ein. Von dort aus wollte ich die Passhöhe des gleichnamigen Alpenpasses erkunden, die für einen Tagesausflug einfach zu weit von zu Hause weg liegt.
Aufgrund des vorgängigen Kartenstudiums wusste ich, dass rund um die Passhöhe neben dem grösseren Laghetto Moesola eine grosse Zahl kleinerer Bergseen liegen – und da Wasser in den Bergen zu meinen Lieblingsmotiven gehört, machte ich mich gleich nach der Ankunft in San Bernardino noch auf den Weg. Schon die Fahrt auf der um diese Zeit eher einsamen Passstrasse offenbarte mir, dass ich hier einen der für mein Empfinden landschaftlich schönsten Alpenpässe gefunden hatte. Unterstützt wurde dieser Eindruck durch die einzigartige Lichtstimmung, hervorgerufen durch das schon etwas warme Licht der bald untergehenden Sonne und zahlreiche Wolken, die ein schönes Licht-Schatten-Spiel auf die umliegenden Berge warfen. Auf der Passhöhe dann, beim Ospizio, liess sich wunderbar der Blick in die angrenzenden Täler, das Misox und das Hinterrheintal geniessen… Noch am selben Abend nahm ich ein Stück des äusserst sumpfigen, nassen und jetzt im August von Wollgras bestandenen Wegs zu den Laghit d’Ardei, den Seelein zwischen dem Pass und der Alp Montagna, unter die Füsse. Dabei realisierte ich, dass sich dem Landschaftsfotografen hier ein unerschöpfliches Potenzial an fotografischen Möglichkeiten eröffnet 🙂 …
Irgendwann war dann die Sonne ganz hinter den Bergen verschwunden, und ich ging in Nufenen im Rheinwald noch etwas essen. Über die Autostrasse durch den San-Bernardino-Tunnel war ich anschliessend in Minutenschnelle wieder zurück in meinem Nachtlager. Logistisch gesehen ist der San Bernardino also auch sehr attraktiv 😉 …
Es ist klar, dass ich es mir nicht nehmen liess, am anderen Morgen früh aufzustehen, auf dem Nachhauseweg wieder über den Pass anstatt durch den Tunnel zu fahren und dabei nochmals durch die Seenlandschaft zu streifen. Zu vieles gibt es hier oben einfach zu sehen und entdecken. Allein ein flüchtiger Blick auf den entsprechenden Kartenausschnitt ergibt die stattliche Zahl von 53 Seen und Seelein in unmittelbarer Nähe des Passes. Ich vergass an diesem schönen Morgen die Zeit vollständig, und als ich halb durchgefroren und mit klatschnassen Füssen wieder zum Auto zurückkam, hatte ich die Erkenntnis gewonnen, hier einen wirklich speziellen Ort entdeckt zu haben. Und ich wusste, ich würde eines Tages wiederkommen, mit noch mehr Zeit im Gepäck…
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