Wenn wir Mitteleuropäer den Begriff „Far North“ hören, denken wir wohl am ehesten an den hohen Norden Europas – an Skandinavien, Island oder noch extremer abgelegene Gebiete wie Svalbard oder Grönland… Es gibt aber auch ein „Far North“ im Süden. Ist das paradox? Nein, gar nicht. Denn der äusserste Norden der Nordinsel Neuseelands hört auf eben diesen Namen. Genau gesagt handelt es sich dabei um den nördlichsten Distrikt der Region Northland.
Wenn wir an den hohen Norden denken, kommen uns wahrscheinlich karge, abweisende Landschaften, kühles Klima und sogar Eisberge in den Sinn. Far North ist nicht ganz so garstig 🙂 Im Gegenteil: Das Klima in Far Noth ist noch etwas wärmer und subtropischer als in der Region Auckland, aber dank den in vielen exponierten Lagen vorherrschenden Winden ist es meist nicht allzu heiss. Die Landschaft ist sehr abwechslungsreich, ihre Höhepunkte sind meiner Meinung nach die Bay of Islands, die Aupouri-Halbinsel und der Hokianga Harbour.
Bay of Islands
Wer die Bay of Islands einmal besucht hat, versteht gut, dass sie ein sehr beliebtes Ferienziel insbesondere für die Bewohner von Auckland ist. Die grosse, weitverzweigte Bucht beherbergt um die 140 Inseln, unzählige kleinere Buchten und traumhafte Sandstrände. Die Orte Paihia, Kerikeri und Russel bieten neben einer guten Infrastruktur auch zahlreiche Möglichkeiten, aktiv zu werden und die Region zu erkunden. Auf einer Bootstour durch die Bucht zur Motukokako Island beispielsweise kann man auf einer der zahlreichen Inseln an Land gehen und sie erwandern, und meist bietet sich unterwegs noch die Gelegenheit, Delphine zu beobachten. Und abends lässt sich nach einem guten Essen in den zahlreichen Restaurants das maritime Flair bei einem Spaziergang an der Seepromenade geniessen. Wenn man dann von der Bay of Islands etwas weiter in Richtung Norden zieht, gibt es zahlreiche weitere schöne Buchten zu entdecken, wie z.B. die Matauri Bay, den Whangaroa Harbour oder die Doubtless Bay.
Aupouri-Halbinsel
Orte, von denen aus sich der wirklich äusserste Norden erkunden lässt, gibt es nicht allzu viele. Und sie sind auch nicht unbedingt sehr schön. Wenn man sich von Paihia kommend beispielsweise in Kaitaia niederlässt, ist man zunächst etwas frustriert. Restaurants sind Mangelware, die Unterkünfte eher zweitklassig und der Ort versprüht den spröden Charme einer reinen Zweck-Siedlung. Umso erstaunlicher, dass die Stadt dennoch über 5’000 Einwohner zählt. Die Landschaft nördlich der Stadt entschädigt dann aber für alle allfälligen Enttäuschungen. Das ist z.B. das Südende des eindrücklichen Ninety Mile Beach zu erwähnen, das ca. 5km von Kaitaia entfernt bei Ahipara liegt. Oder dann die Fahrt über die sehr schöne Strasse ans äusserste Ende der Halbinsel, ans Cape Reinga mit unzähligen lohnenswerten Abstechern: zu den imposanten Te Paki Sanddünen, zur Tapotupotu Bay, den Houhora Heads oder zum Lake Ngatu. Und je weiter man in den Norden vorstösst, desto mehr ergreift einen ein unbeschreibliches Ende-der-Welt-Gefühl. Ebenfalls gut von Kaitaia aus erreichbar ist die Karikari Halbinsel, auf der die Maitai Bay liegt – eine der meiner Meinung nach schönsten Buchten Neuseelands.
Hokianga Harbour
Ein letzter Höhepunkt auf der Runde durch den Norden ist der tief ins Land eingeschnittene Hokianga Harbour. Diese längliche Bucht überquert man auf dem Weg Richtung Süden zwischen Motukaraka und Rawene mit der Fähre, dann folgt der State Highway 12 mehr oder weniger dem Meeresarm bis nach Omapere an der Tasman-See. Am nördlichen Ufer des Harbours finden sich eindrückliche hohe Sanddünen mit teilweise bizarren Sandsteinformationen, die mittels einer kurzen Bootspassage erreicht werden können. Am südlichen Ufer befindet sich Arai Te Uru, ein magischer Ort von erhabener Schönheit, geformt aus Sand, Fels und Wasser. Ich habe diesem Ort bereits einen Beitrag im Rahmen der Artikelserie „Favorite Places“ gewidmet. Darum zeige ich hier auch keine zusätzlichen Fotos aus der Gegend mehr.
Mein persönliches Fazit nach diesem Abstecher in den hohen Norden Neuseelands ist: Für diese Gegend muss unbedingt genügend Zeit eingeplant werden. Zu vieles gibt es zu entdecken, zu viele unterschiedliche Ecken und Enden weist dieser faszinierende Landstrich auf – und gerade in der Bay of Islands sollte man auch genügend Zeit zur Verfügung haben, die man einfach nur geniessen kann…