Am ersten schönen Tag im Juli nahm ich mir frei, um zum ersten Mal diesen Sommer in die Berge zu gehen. Klar, anfangs Juli ist ein bisschen früh, die Lichtverhältnisse sind dann in der Regel nur während kurzer Zeit des Tages gut, und es besteht jeweils auch die Gefahr von früher Quellwolken-Bildung. Aber ich hatte wirklich dringend das Bedürfnis, endlich wieder einmal in die Natur und die hochalpine Einsamkeit zu gehen. Wir hatten zwar im Mai und Juni viel und unbestrittenermassen sehr schöne Ferien in London und Mexiko – aber de facto waren das vier Wochen fast ausschliesslich Städtereise…


Ich wählte für meinen Ausflug eine Location aus, die einfach erreichbar ist und die ich schon gut kenne: den Grimselpass. Zwar habe ich noch einige unentdeckte Ecken in den Alpen auf meiner ToDo-Liste, die sicher auch bald einmal an die Reihe kommen. Aber beim Grimselpass weiss ich genau, was mich erwartet, und das Gebiet ist dermassen vielfältig und weitläufig, dass es immer noch unzählige Seen, Tümpel und Wege gibt, die ich noch nicht abgeklappert habe 🙂 …
Wie immer stand ich früh auf, so dass ich um zwanzig vor acht Uhr bereits auf dem Pass stand. Ich folgte zunächst dem Weg am Totesee entlang in Richtung Obergesteln bis zur ersten Gruppe von namenlosen Seen und dann weiter bis zum Nassboden. Natürlich hatte ich alle diese Flecken schon mehrfach gesehen, aber es ist immer wieder schön, diese Anblicke und die Ruhe an diesen Orten in sich aufzusaugen. Und die Verhältnisse sind ja doch auch immer wieder ein bisschen anders…

Was ich dieses Mal aber zum ersten Mal machte, war der schon seit langem einmal geplante Weg hinunter zum Mutterseewji. Es war von oben her nicht ganz einfach abzuschätzen, was für ein Anblick sich am Ufer dieses Sees bieten würde, zumal er von felsigen Hügeln gesäumt ist und dazu noch eine Hochspannungsleitung direkt darüber führt (eine häufige Erscheinung auf Alpenpässen). Aber ich hatte Glück. Der moorige Grund gab viele schöne Fotomotive ab, und der Blick in Richtung Gärstenhorn und Galenstock war wunderschön, zumal der Sonnenstand inzwischen in Richtung Osten etwas besseres Licht ergab als noch zu Beginn meiner Wanderung…


Neben der schönen Landschaft hatte ich auch die Ruhe, um in den Mooren Vögel zu beobachten, und auf dem Rückweg konnte ich aus nächster Nähe noch den Ruf des Wächters vernehmen (von so Nahem, dass ich sogar ziemlich erschrak): ein Murmeltier, das sein Rudel von seinem Wachtposten auf einem Felsvorsprung aus lautstark vor dem Eindringling warnte. Diese Momente gehören untrennbar zum Erlebnis in den Hochalpen hinzu. Und auch wenn ich schon unzählige Male auf dem Grimselpass gewesen bin, werde ich ihn doch immer wieder aufsuchen, denn er ist für mich definitiv ein Ort zum Durchatmen…
