Es ist eindeutig, woher der Wind hier oben weht
Es ist eindeutig, woher der Wind hier oben weht

Bei uns gibt es im Herbst, wenn der Himmel oftmals wochenlang grau in grau ist, nur eine Möglichkeit, ein bisschen Sonne zu sehen: in die Höhe zu gehen. Dabei stellt sich aber ein Problem. Zwar geben die Schweizer Wetterdienste die zu erwartende Nebelobergrenze auf hundert Meter genau an – aber ob sie dann wirklich dort liegt oder eventuell etwas höher, weiss man nie mit letzter Sicherheit. Als Fotografen ziehen wir also oft auf gut Glück los.

Von diesem Bänklein aus hätte man bestimmt eine gute Aussicht
Von diesem Bänklein aus hätte man bestimmt eine gute Aussicht
An der Strasse offenbart sich dann doch noch ein Lichtblick
An der Strasse offenbart sich dann doch noch ein Lichtblick

Diesen Herbst erlebte ich einen sprichwörtlichen Grenzfall. Die Nebelobergrenze war auf 800 Meter vorausgesagt, und ich suchte einen Ort im Jura, möglichst in der Nähe meines Wohnorts, der etwas über dieser Höhe liegt. Die Ruine Frohburg oberhalb des Hauensteins war die Location der Wahl. Schon bei der Anfahrt in Richtung Trimbach stellte ich fest, dass der Nebel sich wenige Dutzende Meter über dem Boden stark verdichtete, was in der Regel ein Zeichen dafür ist, das es in Richtung Obergrenze geht. Allerdings musste ich mit zunehmender Enttäuschung (parallel zur zunehmenden Höhe) zur Kenntnis nehmen, dass der Nebel einfach nicht weichen wollte.

Der Weg führt ins Licht
Der Weg führt ins Licht
Der sich lichtende Nebel verzaubert die Landschaft
Der sich lichtende Nebel verzaubert die Landschaft
Irgendwo am Horizont geht die Sonne auf...
Irgendwo am Horizont geht die Sonne auf…

Kurz nach der Wisnerhöchi stiess ich dann auf eine Lücke im Nebel – allerdings nur auf eine kleine. Nach wenigen Metern war der Nebel schon wieder stockdick. Zuerst überlegte ich mir, ob ich wenden und ein wenig in Richtung Kilchzimmersattel weiterfahren sollte, der etwa zweihundert Meter höher liegt. Ich entschied mich jedoch dafür, hier zu bleiben und mich einerseits mit den faszinierenden Raureif-Gebilden an den Bäumen und Sträuchern auseinanderzusetzen und andererseits doch einmal ein paar Schritte durch das vorhin entdeckte Nebel-Loch zu wagen. Beides sollte ich nicht im Geringsten bereuen 🙂 …

Solche Kunstwerke kann nur der Nebel erzeugen
Solche Kunstwerke kann nur der Nebel erzeugen
Mein Ziel: die Wisnerflueh (rechts)
Mein Ziel: die Wisnerflueh (rechts)

Je höher ich auf meinem Weg in Richtung Wisnerflueh stieg, desto mehr lichtete sich der Nebel, und mein Spaziergang wurde zu einem regelrechten Tanz mit dem Nebel. Die Schwaden zogen vor meinen Augen über die Jurahügel, deren Spitzen von der aufgehenden Sonne warm beleuchtet wurden. Es war ein wunderbares Schauspiel, und die Szene änderte sich im Minutentakt. Wenige Meter von mir entfernt zog ein Rotmilan seine Kreise über den Weiden auf der Suche nach Beute, und am Fuss der felsigen Wisnerflueh zog eine Schafherde friedlich über die Wiede. Und alles das hatte ich für mich alleine. Lediglich an einem weit entfernten Punkt am Horizont erblickte ich zwei andere Fotografen, mit ihren Stativen in Richtung Alpenkranz ausgerichtet…

Der Ausblick von der Flueh auf das Nebelmeer
Der Ausblick von der Flueh auf das Nebelmeer
Beim Wiedereintauchen in den Nebel...
Beim Wiedereintauchen in den Nebel…

Leider zogen dann von Westen her einige hohe Wolkenfelder vorbei, und als ich auf dem Höhepunkt des Spaziergangs angekommen war, hatte sich die Sonne etwas zurückgezogen. Das schmälerte aber mein Erlebnis in keiner Weise. Und als ich auf dem Weg zurück zum Parkplatz wieder in den Nebel eintauchte, ergaben sich wieder ein paar unglaubliche schöne Szenerien. So gesehen hatte ich eigentlich mehr Glück gehabt, als wenn ich deutlich über der Nebelgrenze unterwegs gewesen wäre – wie z.B. vor Jahren auf dem Weissenstein

...zeigt sich die spätherbstliche Landschaft von ihrer geheimnisvollen Seite
…zeigt sich die spätherbstliche Landschaft von ihrer geheimnisvollen Seite

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