Am 27. Dezember konnte ich die erste Winterwanderung dieser Saison unternehmen. Mir war schon lange im Voraus klar, dass mich mein Weg diesmal nach Mürren führen würde. Dieses Ziel hatte ich schon letzten Winter weit oben auf meiner Wunschliste, aber irgendwie hatte ich es nicht geschafft. Wahrscheinlich, weil es auf dieser Höhe vor einem Jahr eher wenig Schnee gab.
Normalerweise besteht im Winter ja nicht unbedingt die Notwendigkeit, sich extrem früh auf den Weg zu machen, da die Sonne spät aufgeht (in den Bergen sowieso). Trotzdem nahm ich den ersten Zug in Richtung Bern, so dass ich bereits um 08:30 Uhr in Mürren eintraf. Es ist unglaublich, welche Stille einen dort um diese Zeit umgibt. Auf meinem ganzen Weg durch das Dorf zum Schiltgrat-Lift begegnete ich gerade einmal drei Menschen! Auf dem Schiltgrat selber war ich der erste Gast des Tages im Hüsi, dem dortigen Bergbeizli, und so liess ich es mir nicht nehmen, eine kurze Weile dort einzukehren und das sensationelle Panorama mit dem Berner Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau in aller Ruhe zu auf mich wirken zu lassen. Zwanzig Minuten später, als ich mich auf den Weg machte, kamen bereits die ersten Skifahrer mit dem Lift hier oben an.
Obwohl somit der Startschuss für den grossen Rummel des Skizirkus erfolgt war, konnte ich die Ruhe noch eine Weile für mich geniessen. Der offiziell präparierte und gut markierte Winterwanderweg führte mich nämlich abseits der Skipisten am Fuss des Schilthorns hinunter zur Schiltalp und von dort zum Startpunkt des Skilifts in Gimmelen. Der Weg war zu Beginn ziemlich steil und darum an einigen Stellen etwas schwer begehbar, und einmal mehr bereute ich es, keine Wanderstöcke mitgenommen zu haben. Zu dieser frühen Stunde lag die ganze Landschaft noch im Schatten, und ich konnte schön beobachten, wie sich das Sonnenlicht von den Bergspitzen rundherum langsam nach unten vorarbeitete. Kurz vor der Schiltalp führte dies zu einem enorm schönen Moment, wo die Sonne über dem Tschingelgrat aufstieg und die sanft gewellte Alp für kurze Zeit in ein schönes Wechselspiel von Licht, Schatten und Halbschatten tauchte.
Von Gimmelen führte der Weg dann noch ein Stück dem Alpsträsschen entlang durch den Wald hinunter ins Dorf. Das Mürren, das ich diesmal antraf, war jedoch diametral anders als dasjenige, dem ich drei Stunden zuvor begegnet war. Plötzlich war alles voller touristischem Leben, die Leute standen sich beinahe auf den Füssen herum. Und in diesem Moment war ich doch froh, hatte ich mich ausnahmsweise auch für eine Winterwanderung früh auf den Weg gemacht 🙂 …
Da es erst gut elf Uhr war und mir der Betrieb im Ort gar nicht zusagte, entschied ich mich dazu, noch ein Stück weiterzuwandern und nahm den Weg in die Winteregg unter die Füsse. Dieser stellte keine besonderen Anforderungen mehr, sondern führte leich abteigend ebenfalls durch Wälder und über Alpen, meistens dem Trasse der Grütschalp-Bahn entlang. Immer wieder gaben die Tannen jedoch schöne Blicke auf die gegenüberliegende Seite des Lauterbrunnen-Tals mit der Männlichen-Kette und Eiger, Mönch und Jungfrau frei. Auf der Winteregg konnte ich mich dann noch vor dem grossen Ansturm der Skifahrer zu Mittag verpflegen, um danach den Rest des Weges bis zur Grütschalp anzupacken. So hatte ich zwei der drei in Mürren verfügbaren Winterwanderwege in einem Stück erwandert und durfte einen genussreichen Tag erleben – und spürte dafür meine Knochen und Muskeln noch Tage danach 😉 …