Es gibt Erfahrungen, die man nur einmal im Leben macht oder machen kann. Sicher muss man teilweise ein bisschen vorsichtig sein mit der Verwendung dieses Begriffs, denn niemand von uns kann seine Zukunft voraussehen 🙂 … In meinem Leben gibt es aber eine solche „Once in a lifetime“-Erfahrung. Und zwar kann ich dies mit ziemlicher Sicherheit sagen, weil meine Kondition und gesundheitliche Disposition eine Wiederholung dieser Erfahrung zwar nicht ganz unmöglich, aber doch ziemlich unwahrscheinlich machen. Das Erlebnis, von dem ich spreche, ist die Besteigung eines Viertausenders in den Alpen.

Wie so oft bei den etwas verrückten Dingen war es mein Arbeitgeber, der mir diese Erfahrung ermöglichte, und zwar im Rahmen eines Abschluss-Events nach einem erfolgreichen, grossen Projekt. Da einer der Projektmitarbeiter diplomierter Bergführer war, kam die Idee auf, unter dessen kundiger Führung das Breithorn bei Zermatt zu besteigen. Das Breithorn gilt als sogenannter „Einsteiger-Gipfel“ und ist relativ leicht zu bezwingen. Die Tour darf natürlich trotzdem nicht unterschätzt werden. Gute körperliche Verfassung, Schwindelfreiheit und Disziplin sind Voraussetzung, dazu auch Erfahrung (was durch unseren Führer gewährleistet war) und entsprechende Ausrüstung, ist man doch teilweise auf eisigem Boden und aus Sicherheitsgründen am Seil unterwegs.


Um uns an die Höhe zu gewöhnen, reisten wir einen Tag vor der Tour nach Zermatt und bezogen im Hotel Weisshorn Quartier. Am Sonntagmorgen liessen wir uns von der ersten Bahn zum Klein Matterhorn hinauftragen. Das Berghaus auf 3’883 Metern Höhe ist der beste Ausgangspunkt für die Runde über den Breithorn-Gipfel. Von dort aus stapfte unsere Gruppe zuerst in südlicher Richtung über das vergletscherte Breithornplateau, mit einem ungewohnten Blickwinkel auf das Matterhorn im Rücken und den Zwillingen Castor und Pollux vor uns im Blick. Bis zum Fuss des Breithorns sind nur wenige Höhenmeter zu überwinden, aber schon dieser kurze Marsch brachte mich an meine Grenzen. Das Atmen auf dieser Höhe ist ohne Übung wirklich schwer. Mit der Zeit gewöhnte ich mich allerdings an die Bedingungen, und das Gehen fiel etwas leichter.

An der Westwand des Breithorns angelangt, ging unsere Gruppe ans Seil, und die Schuhspikes wurden montiert. Der Aufstieg auf den 4’163 Meter hohen Gipfel ist zwar von dieser Seite her relativ einfach, aber sicher ist sicher. Leider zogen an diesem Tag sehr rasch Wolken auf, und auf dem Gipfel angelangt, war die Sicht sehr bald komplett vernebelt. Das war ein bisschen schade, trübte aber den Wert des Erlebnisses keineswegs. Und wer weiss, vielleicht war dieser Umstand für uns sogar ein Glück. Denn nach dem kurzen Aufenthalt in der Kälte des Gipfels und den Gesprächen mit einer Gruppe junger rumänischer Bergsteiger wählte unser Bergführer den Abstieg über den schmalen Grat östlich des Gipfels. Vielleicht hätte der eine oder andere von uns in dieser Situation bei klarer Sicht ohne Nebel etwas weiche Knie bekommen – zumal der Führer vor dem Abstieg noch mit uns besprochen hatte, wer sich auf welche Seite des Grats würde fallen lassen, wenn einer ausrutschte 🙂 …

Nach diesem kurzen Nervenkitzel gelangten wir – sogar mit einem kleinen Abstecher über italienisches Gebiet – sicher wieder zurück auf das Breithornplateau, wo wir unsere mitgebrachten Sandwiches verdrückten. Um eine – zumindest für mich – unglaubliche Erfahrung reicher liessen wir uns dann von der Bergbahn wieder nach Zermatt hinunter tragen, von wo aus wir den Heimweg antraten. Diese Erfahrung ist mir nachhaltig in Erinnerung geblieben, auch wenn sie aus fotografischer Sicht wegen der Wetterbedingungen nicht so ergiebig war. Und ich habe mich in all den Jahren danach gefragt, ob ich so etwas nochmals machen soll. Man sagt zum Beispiel, dass sich auch der Mönch hervorragend für Einsteiger eignen würde. Aber es ist nie mehr dazu gekommen, und wie gesagt, inzwischen tendiert die Wahrscheinlichkeit, so eine Tour nochmals zu unternehmen gegen null. Somit durfte ich in diesem Moment im August 2005 in der Tat eine „Once in a lifetime“-Erfahrung machen…
