Blick durch zerfallene Gemäuer...
Blick durch zerfallene Gemäuer…

Einen der für mich persönlich schönsten Plätz in der (mir bisher bekannten 🙂 ) Welt ist der regionale Naturpark Verdon in der Provence. Ich habe dieser Landschaft auch bereits entsprechend Raum auf dem Blog gewidmet (zum Beispiel hier oder hier). Etwas nördlich der beeindruckenden Verdon-Schlucht, die das Herz des Naturparks bildet, abseits von allen Verkehrswegen befindet sich ein altes, verlassenes Dorf: Châteauneuf-les-Moustiers. Zu dessen Blütezeit in den 1830er-Jahren wurde das Dorf von rund 600 Menschen bewohnt. Bereits hundert Jahre später lebten dort nur noch 111 Menschen, und nach dem zweiten Weltkrieg wurde es ganz aufgegeben.

Am Dorfeingang, mit Blick zur ehemaligen Kirche
Am Dorfeingang, mit Blick zur ehemaligen Kirche

Heute findet der Besucher, so er sich denn überhaupt an diesen verborgenen Flecken Erde verirrt, auf dem aussichtsreichen Grat nur noch eine Ansammlung von Häuserruinen. Diese aber hat es meiner Meinung nach in sich. Kommt man am westlichen Ende der Siedlung an, fällt einem als erstes der äusserst gut gewählte Standort auf. In alle vier Windrichtungen kann man den Blick hier über die nahen Täler und Gipfel schweifen lassen. Schon der archaische Charakter dieser Landschaft erfüllt den Besucher mit einer gewissen Ehrfurcht – man findet sich hier inmitten der rauen Natur und kann sich gut vorstellen, was es für die Menschen von damals bedeutet hat, dem kargen Land hier eine Lebensgrundlage abzutrotzen. Einige wenige Höfe in der Umgebung werden trotzdem heute noch betrieben.

Die zentrale Gasse des Dorfes
Die zentrale Gasse des Dorfes
Stellenweise ist der Ort komplett überwuchert
Stellenweise ist der Ort komplett überwuchert

Dieses ein wenig andächtige Gefühl verstärkt sich noch, wenn man seinen Weg fortsetzt und durch die Gassen des Ruinendorfs streift. Die Häuser werden von keinen Dächern mehr geschützt, viele Mauer sind eingestürzt, und die meisten von denen, die noch stehen, mit Schlingpflanzen überwuchert. Bei einem meiner Besuche streifte sogar eine Schafherde auf der Suche nach ein wenig Grün friedlich durch die Ruinen. Bei einer besonders stark beschädigten Ruine lässt sich erkennen, dass es sich einst um eine Kirche gehandelt haben muss. An einem anderen Ort glaube ich sogar noch Reste eines Friedhofes erkennen zu können…

Blick zum Mourre de Chanier
Archaische Landschaft umgibt das Ruinendorf – Blick zum Mourre de Chanier

Solche Orte üben auf mich eine magische Wirkung aus, die aber nicht auf dem ein Stück weit unheimlichen Aspekt des Verfalls, des Scheiterns, des Aufgebens beruht. Vielmehr ist so ein Ort für mich Zeuge vergangenen Lebens, und ich versuche mich in die Zeit hineinzuversetzen, als die Menschen diesen Ort noch bevölkerten – und noch nicht diese Stille ihn belagerte, die einem fast ein bisschen ungeheuer ist. Er war einmal Schauplatz des Schaffens und Werkens, die Menschen gingen ihrem Handwerk und der Landwirtschaft nach – bis an den Punkt, wo es für sie an diesem Ort offenbar keine Zukunft mehr zu geben schien. Was war wohl der Auslöser dafür, dass sie von hier fortgingen? Wie hat sich das Dorf in seinen letzten Jahren entwickelt oder vielmehr zurückgebildet? Wer waren die letzten, die es verliessen, und was haben sie dabei empfunden? Und wo haben sie ihre Zukunft gefunden?…

Weitere Informationen zum Dorf finden sich beim Tourismus-Büro von La-Palud-sur-Verdon unter www.lapalud-verdontourisme.com

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